04 Fakultät Energie-, Verfahrens- und Biotechnik

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    Die Wirkung staatlicher Fördermaßnahmen auf die Innovationsdynamik im Bereich der erneuerbaren Energien : eine Analyse der deutschen PV-Branche auf Basis eines agentenbasierten Simulationsmodells
    (2012) Roloff, Nils; Müller-Steinhagen, Hans (Prof. Dr. Dr.-Ing. habil.)
    Der zu erwartende Anstieg des Weltenergiebedarfs macht angesichts der Klimaproblematik und der begrenzten fossilen Ressourcen eine Umgestaltung der Energiesysteme dringend notwendig. Die erneuerbaren Energien sind jedoch noch nicht in der Lage, eine zuverlässige und kostengünstige Energieversorgung zu gewährleisten. Die technologische Weiterentwicklung der regenerativen Energien sowie eine effektive Gestaltung geeigneter Förderstrategien sind daher zentrale Herausforderungen, denen Industrie und Politik gegenüberstehen. In Anbetracht der steigenden Nachfrage nach innovativen Lösungen und den daraus resultierenden Exportchancen spielen hierbei nicht nur Aspekte des Klimaschutzes, sondern auch industriepolitische Motive eine wichtige Rolle. Hinsichtlich der grundsätzlichen Frage der Technologieförderung, ob Innovationsprozesse durch „Technology-Push“- oder durch „Market-Pull“-Faktoren ausgelöst werden, besteht in der Innovationsforschung zwar Konsens darüber, dass beide Arten von Einflussgrößen von Bedeutung sind. Dennoch existiert in Bezug auf die Frage, welche Faktoren die Wirkung staatlicher Förderinstrumente beeinflussen und welche Effekte durch Interdependenzen zwischen verschiedenen Fördermaßnahmen hervorgerufen werden können, noch Forschungsbedarf. So werden insbesondere die Wirkungsweise und die Effektivität nachfrageorientierter Förderinstrumente nach wie vor kontrovers diskutiert. Um ein besseres Verständnis der Komplexität von Innovationsprozessen zu erhalten und die Einflüsse staatlicher Maßnahmen systematisch untersuchen zu können, wurde in dieser Arbeit ein agentenbasiertes Simulationsmodell entwickelt, auf Basis dessen sich die historische Entwicklung der deutschen Fotovoltaikbranche analysieren lässt. Hierbei bietet sich die Fotovoltaiktechnologie (kurz: PV) zum einen deshalb an, weil sie schon seit Anfang der 1960er Jahre gefördert wird. Zum anderen wurden und werden nicht allein Maßnahmen zur Forschungsförderung, sondern auch nachfrageorientierte Förderprogramme, z. B. das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG), eingesetzt. Die agentenbasierten Modellierung zeichnet sich dadurch aus, dass komplexe Zusammenhänge ausgehend von den Interaktionen einzelner, autonomer Akteure abgebildet werden. Daher lassen sich die dynamischen Wechselwirkungen zwischen der Mikroebene des Akteursverhaltens und der Makroebene des Innovations- und Marktgeschehens unmittelbar analysieren. Außerdem erlaubt die agentenbasierte Modellierung die Abkehr von Modellen, die auf dem Leitbild des „homo oeconomicus“ der neoklassischen Ökonomik basieren, da es möglich ist, Aspekte wie begrenzte Rationalität oder die individuellen Strategien heterogener Akteure zu modellieren. Im Vergleich zu bisherigen Arbeiten wurden dabei wichtige Ergänzungen und Fortschritte erfolgreich umgesetzt: Hatten bislang erstellte Modelle, in denen industriespezifische Innovationsprozesse untersucht wurden, primär qualitativen Charakter, konnte die historische Technologie- und Marktentwicklung der betrachteten Branche im Rahmen dieses Vorhabens weitestgehend auch quantitativ nachgebildet werden. Die verschiedenen Prozesse der Wissensgenerierung, -verbreitung und -akkumulation wurden außerdem deutlicher differenziert, wodurch eine bessere Nachvollziehbarkeit des Innovationsvorgangs selbst erreicht wird. Ebenso wurden nachfrageseitige Prozesse stärker in die Modellierung mit einbezogen. Somit sind aussagekräftigere Analysen nachfrageorientierter Fördermaßnahmen möglich. Insgesamt sind daher auf Basis des entwickelten Agentenmodells sehr umfassende Analysen staatlicher Fördermaßnahmen möglich. So demonstrieren die verschiedenen Simulationsexperimente, in deren Rahmen die Wirkungen einzelner Instrumente auf das Innovations- und Marktgeschehen in der Fotovoltaikbranche gezielt untersucht werden konnten, nicht nur die Tragfähigkeit der verwendeten Methode. Vielmehr wird anhand der Simulationsergebnisse ebenfalls deutlich, wie stark die Effekte von „Technology-Push“- und „Market-Pull“-Instrumenten ineinandergreifen und wie sehr die Wirkungen dieser Maßnahmen dabei von der Entwicklungsphase der Branche abhängen. Darüber hinaus zeigt sich zum einen, dass die geeigneten Zeitfenster für die Durchführung der jeweiligen Förderprogramme mitunter begrenzt sind. Zum anderen sind die kurz- und die langfristigen Effekte einzelner Maßnahmen manchmal sogar gegenläufig. Ausgehend von den im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Simulationsergebnissen lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die bisher in Deutschland durchgeführten Fördermaßnahmen verhältnismäßig effektiv einzuschätzen sind. Trotz der hohen Komplexität der zugrundeliegenden Innovations- und Marktprozesse wurde ein ausgewogener Kompromiss zwischen einer schnellen Kostenreduktion einerseits und der Aufrechterhaltung einer technologischen Vielfalt anderseits erreicht. Dies deutet insgesamt darauf hin, dass Forschungs- und Nachfrageförderung gut aufeinander abgestimmt waren.