04 Fakultät Energie-, Verfahrens- und Biotechnik
Permanent URI for this collectionhttps://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/5
Browse
1 results
Search Results
Item Open Access Telearbeits- und Teleservicezentren als Instrument der Wirtschaftsförderung in ländlichen Räumen: Erfolg eine Frage des Standorts?(2006) Biedemann, Birgit; Gaebe, Wolf (Prof. Dr.)Die Möglichkeiten, die der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in wirtschaftlicher Perspektive für ländliche Räume mit sich bringt, sind äußerst vielfältig und wirken in scheinbar idealer Weise den potentiellen Schwächen ländlicher Räume entgegen - beispielsweise wenn es um die Verkehrsferne, Defizite im Bildungsbereich, einseitige Erwerbsmöglichkeiten oder auch einen generellen Attraktivitätsverlust geht. Gleichzeitig rücken die Vorteile solcher Räume (z.B. der Freizeit- und Erholungswert) verstärkt in den Blickpunkt. Ein Instrument, dass viele der potentiellen Möglichkeiten der IuK-Technologien in sich vereint, sind Telearbeits- und Teleservicezentren (TTZ). Sie bieten zum einen Büroräume mit hochwertiger IuK-Ausstattung, die von Telearbeitern bzw. Existenzgründern genutzt werden können. Zum anderen werden (Tele-)Dienstleistungen für Unternehmen und Existenzgründer erbracht. Darüber hinaus bestehen vielfach Schulungsangebote zu den Themenkreisen "Neue Medien", "Beruflicher Wiedereinstieg" und "Existenzgründung". Telearbeits- und Teleservicezentren entstanden seit Mitte der 1980er Jahren vorwiegend in ländlichen Räumen und wurden als Chance für ökonomische Dezentralisierungsprozesse gesehen. Die Wirtschaftsförderung, die in benachteiligten bzw. strukturschwachen ländlichen Räumen mit dem gesetzlich verankerten Ziel des Ausgleichs unterstützend tätig ist, erhofft sich mit dem Einsatz dieses Instruments in erster Linie positive Effekte für den lokalen Arbeitsmarkt, für die lokale IuK-Infrastruktur sowie für eine verstärkte Diffusion der Neuen Medien in den ländlichen Raum. Der Erfolg solcher Projekte wurde bislang - trotz der teilweise hohen finanziellen Investitionen - nur in Einzelfällen untersucht. Insbesondere die Problematik des Standorts wurde in bisherigen Untersuchungen meist ausgeklammert. Dabei stellt sich die Frage, ob Telearbeits- und Teleservicezentren als Instrument der Wirtschaftsförderung am Standort "Ländlicher Raum" überhaupt geeignet sind oder ob aufgrund der zu erwartenden Standortnachteile ein (wirtschaftlich) erfolgreiches Abschneiden eher unwahrscheinlich ist. Je nach Ausprägung der demographischen Entwicklung, der Wirtschaftsstruktur, des Arbeitsmarkts und der Anbindung und Nutzung der IuK-Technologien lassen sich ländliche Räume mit positiven und negativen Entwicklungen beobachten. Sie bieten mit ihren Standortbedingungen – so die These – unterschiedliche Erfolgsaussichten für die Implementierung von Telearbeits- und Teleservicezentren. Die in Annahmen formulierten Standortanforderungen von TTZ und der Einfluss des Standorts auf den Erfolg von TTZ wurden im empirischen Teil der Arbeit überprüft. Der Schwerpunkt der empirischen Arbeit lag in der Untersuchung von sechs Fallbeispielen und erbrachte folgende Ergebnisse. Der Standort mit seinen spezifischen Bedingungen spielt für praktisch alle Fallbeispiele eine Rolle. An einigen Standorten sind die Standortnachteile derart vielfältig und massiv, dass auch ein verstärkter Einsatz finanzieller Mittel oder ein intensives Engagement der Förderer nicht zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Eigenständigkeit des TTZ führen kann. Als wichtigste Standortanforderungen stellten sich über alle Fallbeispiele hinweg ein ausreichendes Kundenpotential, eine geringe Zahl an Konkurrenzunternehmen, eine gute verkehrliche Anbindung (physisch und virtuell), ein zentraler Mikrostandort, das Vorhandensein einer öffentlichen Förderinfrastruktur, ein positives Image der Gemeinde sowie eine Aufgeschlossenheit der Bevölkerung gegenüber Neuem heraus. Bis zu einem gewissen Grad lassen sich Nachteile eines Standorts ausgleichen. Zwar beeinflussen Faktoren wie eine niedrige Bevölkerungs- und Unternehmensdichte, eine hohe Anzahl konkurrierender Unternehmen oder die unzureichende verkehrliche Anbindung (physisch und virtuell) die Geschäftstätigkeit von Telearbeits- und Teleservicezentren unzweifelhaft negativ. Durch eine vergleichsweise hohe finanzielle Förderung sowie durch ein verstärktes Engagement beteiligter Förderer und Akteure auch in beratender und öffentlichkeitswirksamer Weise kann hier jedoch ein Ausgleich geschaffen werden, der ein Gelingen des Projekts ermöglicht. Generell ist zu überlegen, ob in ländlichen Räumen die Förderung eines so breit angelegten Vorhabens im Bereich der Neuen Medien – wie es ein Telearbeits- und Teleservicezentrum darstellt – sinnvoll ist, oder ob nicht die Förderung spezifischer, klar abgegrenzter Vorhaben im Bereich der IuK-Technologien zweckmäßiger ist. Durch die Vielschichtigkeit der Geschäftstätigkeit von TTZ gestalten sich auch die Erfolgs- und Hemmnisfaktoren sehr vielschichtig. Dementsprechend schwierig ist es, alle Faktoren in einer Erfolgsstrategie zu berücksichtigen. Die Initiierung kleinerer, "konzentrierterer" Projekte erscheint demnach erfolgversprechender.