Bitte benutzen Sie diese Kennung, um auf die Ressource zu verweisen: http://dx.doi.org/10.18419/opus-4856
Autor(en): Schneider, Thomas
Titel: Realisierungen Hilbertscher Liniensysteme
Sonstige Titel: Realizations of Hilbert line systems
Erscheinungsdatum: 2008
Dokumentart: Dissertation
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-41047
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/4873
http://dx.doi.org/10.18419/opus-4856
Zusammenfassung: Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur weiteren Erforschung nichtklassischer Geometrien leisten. Hierzu wird ein auf D. Hilbert (1899) bzw. H. Mohrmann (1922) zurückgehendes und von M. Stroppel (1993) systematisch untersuchtes Konstruktionsprinzip zur Realisierung nicht desarguesscher affiner Ebenen verfolgt und erweitert. Ein sogenanntes Stroppel-Mohrmann-Hilbert-Liniensystem (SMH-System) entsteht, indem eine gegebene affine Ebene, deren Punktraum gleich dem der reellen affinen Ebene ist und deren Geraden jeweils homöomorph zur reellen Zahlengeraden sind, im Innern einer streng konvexen, einfach geschlossenen Kurve so modifiziert wird, dass anstelle des ursprünglichen Innengebiets der Kurve eine flach oder räumlich realisierte Inzidenzstruktur "eingeklebt" wird, welche die von Stroppel formulierten Axiome einer streng konvexen Compact Disk (CD) erfüllt. Hilbertsche Liniensysteme sind spezielle SMH-Systeme, bei denen lokal desarguessche CDs in die reelle affine Ebene eingepasst werden. In der vorliegenden Arbeit werden ausschließlich solche CDs betrachtet, die sich jeweils vermöge einer stetigen injektiven Lineation in die reelle affine Ebene einbetten lassen und die somit lokal desarguessch sind. Im Falle von CDs etwa, die auf Flächenstücken konstanter Gauß-Krümmung im dreidimensionalen Raum realisiert werden, liefern (lokale) geodätische Abbildungen in die reelle euklidische Ebene derartige Lineationen. Unter den affinen Ebenen, die als Realisierungen Hilbertscher Liniensysteme entstehen, gibt es desarguessche und nicht desarguessche Vertreterinnen. Als zentrales Resultat der vorliegenden Arbeit wird bewiesen, dass ein Hilbertsches Liniensystem genau dann desarguessch ist, wenn die Randkurve der zur Konstruktion des Hilbertsystems eingesetzten CD punktweise projektiv äquivalent zum Bild der Randkurve unter der Lineation ist. Dieses Ergebnis fußt wesentlich auf dem Lokalen Fundamentalsatz von R. Löwen (1982). Zur praktischen Prüfung der projektiven Äquivalenz zweier Kurven werden Techniken aus der Projektiven Differentialgeometrie eingesetzt: zwei parametrisierte ebene Kurven mit gleichem Parameterbereich sind nämlich genau dann projektiv äquivalent, wenn die entsprechenden Koeffizientenfunktionen der (speziellen) Grundgleichungen übereinstimmen, denen ihre (gegebenenfalls geeignet renormierten) projektiven Darstellungen genügen. Mit diesen Methoden wird zunächst die Klasse der Ebenen untersucht, die wie das von Hilbert im Jahre 1899 vorgestellte Beispiel auf (flachen) CDs basieren, deren Randkurven Ellipsen sind. Das Geradensystem einer solchen CD besteht aus Kreisbögen, die durch einen außerhalb der Ellipse gelegenen festen Punkt verlaufen. Dieser Punkt fungiert als Zentrum einer Inversionsabbildung, welche die Einbettung der CD in die reelle affine Ebene induziert. Damit tatsächlich eine streng konvexe CD vorliegt, muss der Punkt so gewählt werden, dass das Bild des von der Ellipse im Innern berandeten Gebiets unter der Inversionsabbildung streng konvex bezüglich des Geradensystems der reellen affinen Ebene ist. In der vorliegenden Arbeit werden mögliche Lagen des Inversionszentrums zum Ellipsenmittelpunkt in Abhängigkeit von den Halbachsen bestimmt. Mithilfe der oben erwähnten Resultate sowie der Methoden aus der Projektiven Differentialgeometrie wird gezeigt, dass eine affine Ebenen der Hilbertschen Bauart die Desargues-Eigenschaft genau dann besitzt, wenn als Randkurve der CD eine rotationssymmetrische Ellipse, d.h. ein Kreis gewählt wird. Zur Konstruktion einer räumlichen Realisierung eines Hilbertschen Liniensystems wird eine spezielle Drehfläche konstanter positiver Gauß-Krümmung, nämlich eine Spindelfläche, mit dem System ihrer Geodätischen herangezogen. Durch eine geeignet parallel zur Drehachse liegende Ebene wird ein Abschnitt der Spindelfläche abgegrenzt, welcher durch eine ebene Schnittkurve berandet wird. Es zeigt sich, dass dieser Spindelflächenabschnitt die Anforderungen erfüllt, die an räumlich realisierte CDs zu stellen sind. Das übliche System der Geraden der Ebene wird im Inneren der Schnittkurve durch das Geodätensystem der CD modifiziert, und auf diese Weise entsteht ein räumlich realisiertes Hilbertsches Liniensystem, welches wir als Spindelflächenebene bezeichnen. Durch computeralgebraisch und numerisch unterstützte Anwendung des oben erwähnten Hauptresultats wird nachgewiesen, dass die betrachtete Spindelflächenebene nicht desarguessch ist, dass sich aber eine desarguessche affine Ebene ergibt, wenn die Spindelfläche in der Konstruktion durch eine Sphäre gleicher Gauß-Krümmung ersetzt wird.
The present thesis is meant as a contribution to extend existing research on non-classical geometries. To this end, we employ a construction principle for non-desarguesian affine planes, which traces back to D. Hilbert (1899) and H. Mohrmann (1922), and which was systematically studied by M. Stroppel (1993). A so-called Stroppel-Mohrmann-Hilbert line system (SMH system) arises by modifying a given affine plane, whose point space is that of the real affine plane and whose lines are homeomorphic to the real axis, in the interior of a strictly convex simply closed curve. The modification consists in "gluing", in place of the original interior of the curve, an incidence structure into the plane that satisfies the axioms of a Compact Disk (CD) formulated by Stroppel. Hilbert line systems are special SMH systems, for which locally desarguesian CDs are fitted into the real affine plane. In the present thesis, only such CDs are considered which can be embedded into the real affine plane via a continuous injective lineation, which property is sufficient for the CDs being locally desarguesian. In the case of CDs that are realized on surfaces of constant Gaussian curvature in 3-space, such lineations are obtained from local geodesic mappings into the real Euclidean plane. Among the affine planes that arise as realizations of Hilbert line systems, there are desarguesian and non-desarguesian representatives. We show as a central result of this thesis that a Hilbert line system is desarguesian if and only if the bounding curve of the CD that is being used for the construction is pointwise projectively equivalent to the image of the curve under the lineation. This result is essentially based on the local fundamental theorem proved by R. Löwen in 1982. To test two given plane curves for projective equivalence, we use techniques from projective differential geometry: Two parameterized plane curves are projectively equivalent if and only if the corresponding coefficient functions of the respective fundamental equations coincide. With these methods, we first study the class of affine planes that, like the example that Hilbert presented in 1899, are constructed by means of flat CDs bounded by ellipses. The line system of such a CD consists of circular arcs passing through a fixed point located outside the ellipse. This point acts as center of an inversion, which induces the embedding of the CD into the real affine plane. In order to obtain a strictly convex CD, the point has to be chosen such that the image of the region bounded by the ellipse in its interior under the inversion is strictly convex with respect to the line system of the real affine plane. We have determined possible locations of the inversion center with respect to the center of the ellipse as a function of the semimajor and semiminor axes. By means of the aforementioned techniques from projective differential geometry, we have shown that affine planes constructed like Hilbert's example of 1899 are desarguesian if and only if the bounding ellipse has rotational symmetry, i.e., if it is a circle. For the construction of a Hilbert line system in three-dimensional space, we use a special surface of revolution having constant Gaussian curvature, the so-called spindle surface, with its system of geodesics. We choose a suitable plane parallel to the axis of revolution and consider the set of points on the spindle surface that lie in the closed half-space that does not include the axis of revolution. As it turns out, this construction yields a CD in three-dimensional space, which is bounded by a plane curve. A Hilbert line system, which we term "spindle surface plane," arises when modifying the system of straight lines of the original plane such that line segments inside the bounding curve are replaced with geodesic arcs of the CD. We apply the aforementioned main result of this thesis and deploy computer-algebraic and numeric calculations to show that the spindle surface plane under investigation does not possess the Desargues property. If, however, the spindle surface is replaced with a sphere of equal Gaussian curvature, a Desarguesian affine plane ensues.
Enthalten in den Sammlungen:08 Fakultät Mathematik und Physik

Dateien zu dieser Ressource:
Datei Beschreibung GrößeFormat 
Dissertation_TSchneider_Main.pdf2,03 MBAdobe PDFÖffnen/Anzeigen


Alle Ressourcen in diesem Repositorium sind urheberrechtlich geschützt.