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Autor(en): Lipp, Hansjörg
Titel: Phasonendynamik in dekagonalen Quasikristallen
Sonstige Titel: Phason dynamics in decagonal quasicrystals
Erscheinungsdatum: 2014
Dokumentart: Dissertation
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-97845
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/5157
http://dx.doi.org/10.18419/opus-5140
Zusammenfassung: Quasikristalle weisen mehr an Freiheitsgraden auf als die üblichen phononischen: Es gibt sogenannte phasonische Flips, atomare Sprünge zwischen nahe beieinanderliegenden Minima in der komplexen Energielandschaft dieser Festkörper. Sowohl diese anharmonischen Potentiale als auch die Existenz des phasonischen Freiheitsgrads haben großen Einfluss auf die thermodynamischen und mechanischen Eigenschaften der Quasikristalle. Hierzu gibt es experimentelle Befunde von K. Edagawa et al., die in der vorliegenden Arbeit theoretisch untersucht werden. Einerseits wurde eine über Dulong-Petit hinausgehende Wärmekapazität festgestellt, als deren Ursache der zusätzliche Freiheitsgrad vermutet wurde. Diese Arbeit untersucht eindimensionale Modellsysteme, die Teilchenflips zulassen und in denen Teilchen gemäß einem anharmonischen Doppelmuldenpotential wechselwirken. Dazu werden Molekulardynamiksimulationen durchgeführt und analytische Rechnungen angestellt. Dabei stellt sich heraus, dass die thermodynamischen Eigenschaften dieses Systems hauptsächlich vom Wechselwirkungspotential bestimmt werden. Die Wärmekapazität lässt sich daher analytisch berechnen und weist allein aufgrund der Anharmonizität einen erhöhten Wert auf. Der größere zweite Teil der Arbeit behandelt von Edagawas Gruppe durchgeführte elektronenmikroskopische Aufnahmen von dekagonalem Al-Cu-Co. Hier beobachtete Edagawa helle Flecken, die an den Vertices eines Tilings lagen und sich im Laufe der Zeit ähnlich einem Phasonenflip änderten: Sie erschienen und verschwanden auf erratische Weise. Bemerkenswert war hierbei die Zeitskala: Die Intensitätsschwankungen der Flecken erfolgen im Sekunden- und Minutenregime, während man aus Neutronenbeugungsexperimenten weiß, dass atomare phasonische Flips in diesen Systemen im Pikosekundenbereich vorkommen. Dekagonales Al-Cu-Co besteht aus periodisch angeordneten Doppelschichten. Jede Doppelschicht kann entsprechend einem Strukturmodell von Zeger et al. als Tiling von Rauten betrachtet werden, die mit Atomen dekoriert sind. In übereinander liegenden Rauten können die Atome zwischen verschiedenen Flippositionen springen. Dementsprechend werden statistische Modelle übereinander liegender Rauten erstellt, die verschiedene diskrete Zustände annehmen können. Diese Rauten können ihren Zustand entsprechend umgebungsabhängiger Sprungraten in einem Zufallsprozess ändern, wodurch die Schichten gekoppelt sind. Definiert man nun die mesoskopische Sichtbarkeit eines hellen Flecks über gemeinsame Zustände mehrerer übereinander liegender Rauten, so kann man die Sprungraten und Sichtbarkeitswahrscheinlichkeiten der Flecken untersuchen. Dies erfolgt in der vorliegenden Arbeit analytisch und mit Hilfe von Monte-Carlo-Simulationen. Dabei zeigt sich, dass sich im System übereinander liegende Rauten gleichen Zustands, sogenannte Cluster, bilden, welche die Sichtbarkeit der Flecken bestimmen. Diese Cluster werden in der Zeitentwicklung gebildet, zerstört oder verschoben. Die Verteilung der Clustergrößen weist einen stabilen Gleichgewichtszustand auf, der von der Kopplungsstärke der Rauten abhängt. Die Anzahl der Cluster fluktuiert um den Gleichgewichtswert. Die Abweichungen können über einen neuartigen Zufallsprozess, den "harmonischen Random Walk" beschrieben werden, bei dem die Sprungwahrscheinlichkeit proportional zur Entfernung vom Gleichgewicht ist. Dieser Zufallsprozess stabilisiert den Gleichgewichtszustand und wird zum besseren Verständnis des Systems analytisch und numerisch behandelt. Er erlaubt es, Sprungraten und Sichtbarkeitswahrscheinlichkeiten der Flecken in Simulation und analytischer Rechnung zu bestimmen. Daraufhin werden von K. Edagawa zur Verfügung gestellte Beobachtungsdaten eines HRTEM-Experiments analysiert. Sprungraten und Sichtbarkeitswahrscheinlichkeiten werden extrahiert und mit den theoretischen Ergebnissen verschiedener Modelle verglichen. Dabei zeigt sich eine gute Übereinstimmung des Experiments mit einem aus Doppelschichten aufgebauten System, in dem sich Ringe aus zehn Atomen durch kollektive Flips verschieben können. Die langsame Flipdynamik der Flecken lässt sich also statistisch dadurch erklären, dass sich Atome in vielen Schichten kollektiv bewegen müssen.
Apart from the well known continuous phononic modes of motion, quasicrystals possess the discrete phason degree of freedom: Atoms flip between neighbouring positions of minimal energy in a complex energy landscape. These anharmonic potentials and the phason degree of freedom have great influence on the thermodynamic and mechanical properties of quasicrystals. K. Edagawa et al. have obtained interesting experimental results regarding this interrelationship which are studied by numeric and analytic calculation in this work. Firstly, Edagawa has found an increased specific heat exceeding the Dulong-Petit value, which has been attributed to the additional degree of freedom. This work studies one-dimensional model systems allowing particle flips and exhibiting an anharmonic double-well interaction potential both by analytic calculation and using molecular dynamics simulations. It is shown that the thermodynamic properties of the system are governed by the interaction potential. This is utilised to calculate the specific heat analytically and to show that its increased value can be attributed to the anharmonic potential. The second part of this work studies Edagawa's HRTEM observations of decagonal Al-Cu-Co. Edagawa has observed white spots corresponding to vertices of a tiling. These spots appeared and vanished in a stochastic manner, resembling phason flips. Even though neutron scattering experiments suggest that phasonic flips of atoms take place in the picosecond regime, the white spots change in time scales of seconds or minutes. Decagonal Al-Cu-Co consists of periodically repeated double layers. According to a structure model by Zeger et al., each double layer can be described as a tiling of rhombs which are decorated with atoms that can jump between various flip positions. Therefore, statistical models of stacked rhombs are introduced. The rhombs can adopt a discrete number of different states. These states change in the course of a stochastic process according to flip rates which depend on the states of the neighbouring rhombs, leading to an effective coupling of neighbouring layers. After defining the mesoscopic visibility of a white spot by means of rhombs with matching states across many layers, mesoscopic flip rates and probabilities of the mesoscopic states can be examined. Kinetic Monte Carlo simulations and analytic calculations show that these systems form clusters of rhombs exhibiting the same states. These clusters are created, annihilated or move by means of rhomb flips and determine the visibility of white spots. It is shown that there exists a state of dynamic equilibrium regarding the cluster size distribution, which depends on the interlayer coupling. The number of clusters fluctuates around the equilibrium value which can be described as a stochastic process. Because the probability of a step towards the equilibrium state is proportional to the deviation from the equilibrium value, the equilibrium state is stabilised. This "harmonic random walk" is examined by numerical and analytic calculations. Based on the results, mesoscopic flip rates and probabilities of the mesoscopic states are determined using Monte Carlo simulations and analytic calculations. Finally, data of an HRTEM experiment, kindly provided by K. Edagawa, is analysed. Flip rates and probabilities of the states of white spots are extracted and compared with calculated results of various models. There is a good agreement between the experiment and a system of stacked double layers containing rings of ten atoms which can be displaced by collective flips of atoms. Particles must move collectively in many layers to cause flips of white spots, which explains the slow flip dynamics.
Enthalten in den Sammlungen:08 Fakultät Mathematik und Physik

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