10 Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
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Item Open Access Bewegungstherapie beim Idiopathischen Parkinson-Syndrom - Biomechanische Analyse unterschiedlicher Therapiestrategien(2008) Bühlmeier, Julia; Alt, Wilfried (Prof.Dr.)Einleitung: Neben einer pharmakotherapeutischen Behandlung werden die Symptome des idiopathischen Parkinson Syndroms (IPS) häufig durch eine Bewegungstherapie behandelt. Bewegungstherapeutische Studien berichten infolge der angewendeten Therapie meist von positiven Effekten auf die Motorik der Betroffenen. Allerdings genügen die wenigsten dieser Untersuchungen jedoch den Standards einer evidenzbasierten Medizin. Hypothese: Möglicherweise beruhen diese positiven Effekte auf dem Neuheitsfaktor der Therapien. Denn es evident, dass automatisierte Bewegungen durch die beim IPS gestörten Areale der Basalganglien gesteuert werden. Eine Wiederholung dieser gestörten Bewegungsmuster wäre daher sicherlich nicht Erfolg versprechend bei einer Bewegungstherapie. Folglich wird vermutet, dass eine Bewegungstherapie mit einem hohen Lernanteil die motorische Kompetenz von MP Patienten in höherem Maß erhält als eine Therapie mit bekannten Inhalten. Methoden: 24 IPS Patienten (65±10 Jahre, Stadium 2-2,5 nach Hoehn&Yahr) wurden in einer Baselineperiode (10 Wochen) im 3-wöchigen Abstand insgesamt 4-mal untersucht. Nach dieser Periode trainierten die Patienten über 12 Wochen 2-mal pro Woche entweder A) gleichbleibende Inhalte: Gang, Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit oder B) ein motorisches Neulernen mit aufmerksamkeitsfordenden Inhalten. In der Trainingsperiode erfolgten ebenfalls 4 Untersuchungen im 3-wöchigen Abstand. Das Testprotokoll beinhaltete die biomechanische Analyse der Fein- und Alltagsmotorik mittels Elektromyographie (EMG) und Kinemetrie. Überprüft wurde die motorische Kompetenz bei Reaktions- und Zielaufgaben, schnellen repetitiven Bewegungen, statischen und dynamischen Standstabilitätsaufgaben, als auch beim Aufstehen und Gehen. Zusätzlich wurde der UPDRS erfasst (Unifed Parkinson Disease Rating Scale). Ergebnisse und Diskussion: Klinische Parameter (UPDRS) verbesserten sich insbesondere in der Baselineperiode und verschlechterten sich in der Trainingsperiode. Hierfür werden psychische Ursachen, wie die Hoffnung auf eine baldige Besserung diskutiert. Die Bewegungskontrolle der trainierten motorischen Fähigkeiten ist vermutlich die Ursache für Verbesserungen der Einfachreaktion infolge der Therapie A. Die EMG Ergebnisse der schnellen repetitiven Bewegungen lassen bei beiden Gruppen eine zunehmende Steifigkeit infolge des Trainings vermuten, was erhöhte Rigordaten (UPDRS) belegen. Das Aufstehen ließ sich infolge des Trainings nicht modulieren. Eine Verbesserung erhobener Gangparameter wurde überwiegend bei Gruppe B vorgefunden; diese beziehen sich insbesondere auf die kinematischen, nicht aber die neuromuskulären Parameter. Es wird diskutiert, ob dies durch die unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen (die bereits in der Baselinephase vorhanden waren) der Patienten bedingt ist, oder durch die unterschiedlichen Therapieinhalte. Bei der statischen und dynamischen Standstabilitätsüberprüfung zeigte sich ebenso Gruppe B als überlegen. Verbesserungen dieser Gruppe werden auf eine modifizierte Einbindung sensorischer Information durch das Lerntraining zurückgeführt. Schlussfolgerung: Die Beeinflussung der motorischen Kompetenz durch unterschiedliche Therapiestrategien scheint maßgeblich durch die Steuerung der Aufgabe determiniert zu sein. Vermutlich ist die Nutzung spinaler Motoneuronen über unbeeinträchtigte Bahnen für Änderungen kinematischer und neuromuskulärer Parameter verantwortlich zu machen.